Meine erste Hercules Wankel 2000 (1976-1979)      Zurück zur Auswahlseite Wankel 2000

Im Jahre 1973, zu der Zeit, als ich mein erstes motorisiertes Zweirad (Hercules Mofa) kaufte, stellte Sachs/Hercules eine Vorserien-Variante des "ersten Wankel-Motorrads der Welt" öffentlich vor. Diese Maschine war der späteren Wankel 2000 schon sehr ähnlich, der Motor war bereits in großen Stückzahlen gefertigten Schneemobil-Antrieben entliehen. Die Maschine erhielt bei ersten Tests recht gute Kritiken aus der Fachpresse wegen der robusten Rahmenkonstruktion und ihres recht ausgewogenen Fahrverhaltens. Etwa ein Jahr später wurde eine Vorserie der W 2000 aufgelegt. Diese Maschinen wurden an ausgewählte Sachs-Händler zum Testen ausgeliefert. Sie waren am gelben Tank und dem schwarz lackierten Rahmen (ähnlich K 125 T) erkennbar und am Vorderrad meines Wissens nach noch mit einer Trommelbremse ausgerüstet.

Im Jahr 1974 flossen die ersten Ergebnisse des Feldversuchs dann in die Serienfertigung der Modellreihe Wankel 2000 ein.

Die ersten Serien-W-2000 hatten einen rot lackierten Tank, silberfarbenen Rahmen (sehr schlechte Lackqualität, wie in den 1970er Jahren leider allgemein üblich), eine Vorderradscheibenbremse (Grimeca), Halogenscheinwerfer, elektr. Anlasser, Auspuffanlage mit beidseitigem Endschalldämpfer. Fehlerhaft waren bei diesem Modellstand insbesondere die falsche Verkabelung der elektrischen Anlage (bis 480 000 310 - Leistung des Generator-Ankers wurde nur zur Hälfte ausgenutzt, Folge: Batterieentladung), die Materialwahl der Bremsscheibe (stark korrosionsgefährdet, der Rost setzte dem Bremssattel stark zu und führte zu Bremsenklemmern) und die Konstruktion des Motorkolbens (vom Schneemobil übernommen, Kolbenbuchse nur einseitig verschweißt und nicht zusätzlich verstiftet).

Diese drei Mängel wurden bereits in der nächsten Generation alle behoben, für an vorhandenen Maschinen eingetretene Motorschäden gab es akzeptable Kulanzregulierungen der Fichtel & Sachs AG.

Wankel 2000 im Herbst 1976

Meine W 2000 nach dem Kauf im Oktober 1976

Meine erste Hercules Wankel 2000 (Fgst.-Nr. 480 000 309, Baujahr 1975), die ich im August 1976 als Vorführmaschine mit 3.500 Km Laufleistung erworben hatte, litt leider unter all diesen Mängeln. Der Mangel an der Elektrik wurde bereits nach der ersten Nachtfahrt (leere Batterie nach 50 Km) durch Änderung der Polung am Gleichrichter problemlos ausgemerzt. Die Bremsscheibe habe ich bereits bei Km-Stand 5.000 durch die Nirosta-Scheibe des Nachfolgemodells getauscht, da ein Fahren im Winterbetrieb ansonsten kaum möglich war. Die Bremse blockierte wegen der Rost- und Salzablagerungen während der Fahrt, weil sich die Bremskolben im Bremssattel nicht mehr in ihre Ausgangsposition zurücksetzen konnten. Bei Km-Stand 9.600 wirkte sich der dritte Mangel aus: Während einer Bergfahrt unter Last im 5. Gang stellte sich plötzlich ein starkes Scheppern im Motor ein. Zwar lief dieser noch bis nach Hause, das Scheppern wurde aber bald immer unerträglicher.

Ich habe dann den Motor vom Getriebe getrennt und mit Fehlerbeschreibung per Bahnfracht zu Fichtel & Sachs geschickt. Rund 4 Wochen hörte ich nichts davon, telefonisch ließ sich der Verbleib auch nicht direkt klären. Dann kam ein Schreiben von Sachs, in dem der Schaden am sezierten Motor beschrieben wurde. Sachs war bereit, die Materialkosten zu übernehmen, lediglich 230 DM Arbeitslohn sollte ich tragen. Dies war eine vertretbare Lösung, da ich nicht Erstbesitzer war und die Garantiezeit sowieso schon abgelaufen war.

Nachdem der Motor dann endlich zurück war, lief die Maschine recht problemlos im Alltagsbetrieb (Sommer und Winter), sprang trotz ihres Stellplatzes im Freien morgens immer brav an. Allerdings habe ich noch einige sinnvolle Verbesserungen daran vorgenommen:

Erstens wurde die Getrenntschmierung der Wankel 2000 Injection (ab Modelljahr 1977) nachgerüstet, weil die Mitnahme des speziellen Motoröls auf längeren Strecken äußerst lästig war. Entgegen der Erfahrungen anderer W-2000-Fahrer hat sich diese Getrenntschmierung bei meiner Maschine sehr gut bewährt. Sie verminderte zudem den Ölverbrauch von 1:25 auf etwa 1:33.

Zweitens wurde eine zusätzliche Ladespule 12 V 23 W im Generator eingebaut. Den neuen Schaltplan hierfür habe ich selbst mit Hilfe von Leistungsdioden, einem zweiten Gleichrichter und Relais konzipiert (Wegfall des Lastwiderstands unter dem Tank - Batterieladung nur noch über diese Zusatzspule, damit Überladung vermieden wird, trotzdem volle Verfügbarkeit der Batterie- und Lima-Leistung für die Lichtanlage). Außerdem habe ich eine Standlichtschaltung, einen Bremslichtschalter für die Vorderradbremse und eine Uni-Steckdose zum Anschluss einer Handlampe (für Reparaturen im Dunkeln und zur Zeltbeleuchtung) nachgerüstet.

Drittens habe ich mir den Seitenständer der Modelle ab 1977, eine Speed-7-Lenkerverkleidung mit Voltmeter und Zeituhr, einen breiteren Hinterradreifen (3.50-18) gegönnt, Packtaschenhalter konstruiert, den Kettenschutz verbessert und die Seitenverkleidungen farblich etwas geschmackvoller gestaltet.

Mit meiner ersten W 2000 habe ich viele größere Fahrten (fast jeden Sonntag größere Strecken innerhalb Deutschlands, Urlaub in Südfrankreich, zweimal in Norwegen) unternommen und sie im April 1979 gegen eine BMW R 100 RS in Zahlung gegeben. Zu diesem Zeitpunkt waren rund 60.000 Km auf dem Tacho. Allerdings hätte damals eigentlich mal die erste Entkohlung des Brennraumes angestanden, da die typischen Leistungsmängel im 6. Gang (Zähigkeit) und manchmal auch ein Klopfen unter Last spürbar wurden.

Auf meiner ersten Fahrt nach Norwegen im Jahre 1977 stellte sich allerdings kurz vor Trondheim wieder mal ein bedenklich wirkendes mechanisches Geräusch ein. Sensibilisiert durch den Motorschaden, interpretierte ich es sogleich als solchen und trat sehr enttäuscht vorzeitig die Heimreise an. Ich bin dann direkt nach Schweinfurt durchgefahren und habe mich an Sachs gewandt, nachdem mir unterwegs kein Händler eine befriedigende Erklärung geben konnte. Bei Sachs war man sehr hilfsbereit. Es stellte sich heraus, dass der "Motorschaden" lediglich von einer gelockerten Mutter des Primärzahnrades am Kupplungskorb auf der Getriebehauptwelle verursacht wurde.

Wankel 2000 im Sommer 1978
Die Hercules im Sommer 1978
Wankel 2000 im Sommer 1978

Dadurch hatte sich erhöhtes Spiel im Kegeltrieb ergeben. Nach dem Festziehen der Mutter war wieder Ruhe. Den Schadenseintritt hatte ich wohl selbst mitverursacht, weil ich beim Motoreinbau kein neues Sicherungsblech benutzt hatte.

Im Sommer 1978 wollte ich dann "gestärkt" meinen Norwegen-Trip wiederholen, um vielleicht sogar das Nordkap zu erreichen. Diesmal kam ich knapp bis zum Polarkreis, dann trat leider ein Verschleiß-Schaden am Kettenritzel ein, dem ich vor Tourbeginn wohl zu wenig Beachtung geschenkt hatte. Die Kette sprang unter Last auf dem Ritzel über. Zwar hatte ich ein neues Kettenrad dabei, das Ritzel aber dummerweise nicht. Da die Reparatur unterwegs somit so gut wie ausgeschlossen war, kehrte ich wieder mal um, nachdem ich die Kette so stark wie gerade noch vertretbar, nachgespannt hatte. Das Tempo setzte ich für die Heimfahrt bei nicht mehr als 80 Km/h an, bergauf gab ich so gut wie kein Gas mehr. Erst in Göttingen fand ich einen Händler, der zufällig das Ritzel vorrätig hatte.

Beidesmal war die W 2000 nicht an der Misere schuld, sondern die Schäden waren mir selbst zuzurechnen! Man lernt halt eben immer dazu!

Ein dritter Schaden trat im Spätsommer 1978 bei einer nächtlichen Autobahnfahrt kurz vor Passau ein: Das vordere Licht fiel plötzlich aus, der Zündlichtschalter war durchgebrannt. Ich habe dann mit Standlicht den nächsten Parkplatz aufgesucht. Im Dunkeln konnte ich jedoch den Fehler nicht beheben, so dass ich mich aus Sicherheitsgründen entschloss, den Parkplatz durch einen angrenzenden Wald zu verlassen um mir dort irgendwo ein Plätzchen zum Übernachten im Freien zu suchen. Am nächsten Tag habe ich dann bei einem Händler einen neuen Zündlichtschalter gekauft. Allerdings wurde später zu Hause ein Relais zwischengeschaltet, um den relativ hohen Stromfluss der H-4-Glühlampe am Zündschloss zu vermindern.

Problematisch war ferner die Konstruktion der aus Italien stammenden Grimeca-Vorderradbremse. Auch nachdem die permanent rostende Bremsscheibe ersetzt war, blieb der Mangel am Bremssattel, dass zwischen Bremsklötzen und Bremskolben keine Staubschutzmanschetten eingebaut waren. Zudem tummelten sich Bremskolben und Belag in der gleichen Schachtebene, wodurch besonders viel Schmutz und Feuchtigkeit auf die Dichtmanschettenbereiche gelangte. Auch der Handbremshebel war unzureichend mit dem Bremszylinder verbunden. Der dafür eingesetzte Druckbolzen wurde nur durch den Druck der Rückstellfeder des Bremskolbens und zusätzlich durch einen schnell alternden Gummibalg an seinem Platz gehalten. Er konnte unter ungünstigen Bedingungen während der Fahrt herausfallen, so dass die Bremse wirkungslos wurde! Eine TÜV-Freigabe hätte ich für eine derartige Bremsenkonstruktion wohl nie erteilen wollen!

Meine Maschine gab ich damals dem Händler in Zahlung, da ich sonst den Kaufpreis für die gebrauchte BMW nicht hätte tragen können. Ich hoffte aber, dass sie längere Zeit dort stehen würde, ohne verkauft zu werden. So hätte ich sie ggf. noch zurückkaufen können. Allerdings war die W 2000 bereits nach knapp einer Woche Standzeit verkauft - im Gegensatz zu der eigenen Vorführmaschine des Händlers (ebenfalls Modelljahr 1975), die erst im Jahre 2001 einen neuen Besitzer fand!

Aber dies ist eine andere Geschichte ...: Meine zweite Hercules Wankel 2000

Wer weiß etwas über den Verbleib meiner ersten Wankel 2000, Fgst. Nr. 480 000 309? Für Hinweise und Tipps bin ich sehr dankbar!

Copyright 2001-2006: Wolfgang Dingeldein       aktualisiert am 30.11.2002

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