Wankelcup
in Riedenburg
von
Ralph Schelle
Der Wankelmotor wird ja seit längerer Zeit in diversen Fahrzeugen verbaut und erfreut sich einer entsprechenden Fangemeinde. Um so erstaunlicher ist es, dass es über 40 Jahre lang gedauert hat, bis ein spezielles Wankelrennen ausgetragen wurde.
Vor dem Start: Teilnehmer-Maschinen einträchtig
nebeneinander ...
Im September 2011 war es dann aber soweit: Im Rahmen der Riedenburg Classic, einer traditionsreichen Veranstaltung auf einer historischen Bergrennstrecke, wurde eigens für Wankelmotorräder eine spezielle Startklasse eingerichtet.
Zu dieser als Gleichmäßigkeitslauf ausgeschriebenen Veranstaltung meldeten sich in der Wankelklasse satte 18 Teilnehmer/innen. Deren Maschinen stellten einen fast vollständigen Querschnitt von dem dar, was es seinerzeit so alles an Wankel-Motorrädern gab und heute noch gibt: So mischten neben den Serien-Hercules auch die bei vielen bekannte Renn-Suzuki RE 5 sowie eine der schweiz-russischen Motoprom mit; dabei waren auch eine schöne Norton Classic und gleich vier Rennwankel auf Hercules-Basis.
Um Pokalchancen zu erhöhen, schickten einige der Wankel-Rennteams gleich zwei Maschinen ins Feld: So hatten beispielsweise sowohl die hinreichend rennerprobten Eifler/-innen Frimberger/Engels als auch der Münchner Rennstall Menyhart je zwei seriennahe W 2000 gemeldet; Letzterer bestückte eines seiner Motorräder mit der eigens für diese Veranstaltung unter Vertrag genommenen Nachwuchsfahrerin Katrin Ohlau. Das Isnyer Team Lehenberger/Eisleb fuhr neben der bekannten Crosser-Wankel ebenfalls eine Serien-Hercules auf; das Team Kassner/Bubner aus Lübeck setzte gleichfalls auf Hercules, aber auch auf Norton. Gleichsam zweigleisig startete das Schweizer Team Günthart auf Hercules und Motoprom.
Dieses Szenario lässt auf spätabendliche
Betriebsamkeit
überwiegend mittelalterlich-gesetzter Rennsport-Begeisterter
zur
Bekämpfung der inneren Unruhe vor dem ersten Renneinsatz schließen!
Die Riedenburger Veranstaltung war so etwas wie ein herbstliches Wankeltreffen - mit überaus hohem Wohlfühlfaktor. Dazu trugen u.a. auch die mitgebrachten Kinder bei bilderbuchigstem Wetter, einer Reiseprospekt-Landschaft rund ums Altmühltal und dem bunten Feld der Teilnehmer/-innen. Die Betonung liegt auf "Innen" - betrug doch der Frauenanteil in der Wankelklasse 22 %!
Die Riedenburg Wash Girls: Klischee-Showeinlage
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Auch das zahlreich erschienene Publikum war durchweg gutlaunig - kein Wunder, denn so schnell kommt man nicht wieder in Hör- und Riechweite derart seltener Autos und Motorräder...
Mit einer Länge von 1,8 km war die Riedenburger Rennstrecke überschaubar. Technische Probleme während des Rennens waren also nicht zu erwarten - oder doch? Der Fehlerteufel schlägt mit Vorliebe dann zu, wenn man ihn nicht erwartet. Am Schlimmsten hatte es Geisslinger auf seiner frisch aufgebauten Renn-Hercules erwischt, welchen erst Unrat im Vergaser und anschließend eine verlorene Ritzelmutter - und in der Folge auch ein verlorenes Ritzel - am Fortkommen hinderte. Das war das vorzeitige Wankel-Aus für den Nürnberger. Kurioses am Rande: Die Ritzelmutter seiner neuen Rennwankel hüpfte im Bereich des Vorstarts davon und entschwand unerkannt in der Publikumsmenge. Doch bereits tags darauf fand Geisslinger sie wieder - lose auf der Abtriebswelle aufgeschraubt! Offensichtlich hatte der mitfühlende Finder ein Bewusstsein für schwer erhältliche Muttern!
So
sieht man ein Motorradrennen heute als Profi-Zuschauer - von oben! |
Einige Fahrer glänzten durch publikumswirksame Showeinlagen. Mike Menyhart versuchte am Vorstart mittels burn-out seinen steinharten, da über 30 Jahre alten Hinterreifen auf diskutables Gripniveau zu bringen; Anton Janeba und Erwin Lehenberger starteten mit wirklich spektakulären Wheelies.
Am
Vorstart herrscht dichtes Gedränge,
die Stresshormone ergreifen spätestens jetzt gnadenlos Besitz!
Indes schlich sich der Fehlerteufel in weitere kreiskolbenbefeuerte Maschinen ein. Clemens Bubner kämpfte (erfolgreich) mit klemmenden Drosselklappen, Mike Menyhart mit Schmodder im kürzlich erstandenen Ebay-Tank, Hertha Frimberger mit davon fliegenden Seitenständerfedern und Katrin Ohlau mit einem Serviceteam, das vergessen hatte, den Chokehebel zurückzustellen.
Selbst "Russentreiber" Hanspeter Günthart, dessen Fuhrpark sich üblicherweise in einem hervorragenden Zustand befindet, hatte technische Probleme: Er brachte einen Veranstaltungs-Kontrollkleber auf seinem Tankdeckel an - just auf der Tankentlüftung! Keine gute Idee, denn damit kommt man nur die halbe Strecke hoch ...
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... ist C. Bubner schon eilig unterwegs. |
Wheelie-Jongleur A. Janeba auf der Langstrecken-Rennwankel |
Entschlossen: H. Frimberger vom Eifel-Team |
Ergebnisse:
Hierzu wurden zwei Tabellen erstellt. Die eine zeigt die Gleichmäßigkeits-Platzierungen;
eine weitere zeigt, wie flink die jeweiligen Teilnehmer/-innen der Wankeltruppe
waren.
Wenig überraschend ist: Die Schnellsten waren Hans Reusser, Clemens Bubner
und Hanspeter Günthart. Sie fuhren (in dieser Reihenfolge) die stärksten
Maschinen im Feld und sind darüber hinaus schon immer als sehr schnelle
Fahrer bekannt.
Das Feld der W 2000-Fahrer wird hinsichtlich Geschwindigkeit natürlich
von den derzeitigen und ehemaligen Wankel-Rennfahrern Ruppert/Engels/Schelle/Menyhart
angeführt - dachten sich diese wenigstens. Falsch gedacht, denn die Liste
der schnellsten W 2000 führt zweifellos Martin Eisleb aus Isny an. Das
ist mehr als empörend, und hierzu wird es wohl hoffentlich noch ein paar
handfeste "Gespräche" unter Ausschluss jeglicher Zeugen geben.
Den Pokal
für den ersten Platz in der Gleichmäßigkeitswertung holte sich
schließlich Heinz Ruppert aus Nürnberg mit absolut unschlagbaren
null Hundertstel Differenz zwischen den beiden Läufen. Wie das geht,
muss er uns einmal verraten ...
Zweiter wurde der Isnyer Erwin Lehenberger auf der schnellen Crosser-Wankel;
dritte wurde Katrin Kassner aus Lübeck auf ihrer seriennahen W 2000.
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Erster und Letzter: H. Ruppert und H. Engels |
Lachende Dritte: K. Kassner |
Ein Teilnehmer fuhr WÄHREND des gewerteten Laufes wilde Zick-Zack-Linien. Orientierungslos? Nein, Spritmangel! Das Schwenken während der Fahrt sollte dazu dienen, den minimalen Restsprit im Tank Richtung Benzinhahn schwappen zu lassen. Ob das einer gleichmäßigen Fahrt dienlich war, möge obigem Diagramm entnommen werden. Der Spezial-Pokal für den letzten Platz ging deshalb - verdienterweise - an den Nichttanker Hans Engels.
Ralph Schelle
© 2012 Ralph Schelle (Fotos: diverse) - Hercules Wankel IG - letzte Aktualisierung am 24.01.2012