Mit dem Wankel-Motorschlitten durch den Winter ...

Bevor Hercules die ersten Motorräder serienmäßig mit Wankelmotoren baute, waren schon Zehntausende von Amerikanern Ende der 1960-er Jahre mit Schneemobilen, ausgerüstet mit Sachs Wankelmotoren, mobil!

Ende der 1950-er Jahre wurde von Bombardier ein Schneemobil entwickelt, so wie es in den Grundzügen noch heute gebaut wird. Anfang der 1960-er Jahre gab es nur drei Firmen, die solche Fahrzeuge herstellten: Bombardier in Kanada, Polaris und Arctic Cat in den USA. Mit der Verbesserung der Fahrzeuge, die nun endlich auch durch Tiefschnee fahren konnten, ohne gleich darin zu versinken, setzte ein regelrechter Boom Ende der 1960-er Jahre nach Schneemobilen ein. Schnell merkte man, dass dies nicht nur nützliche Fahrzeuge für Jäger, Farmer usw. waren, sondern auch fantastische Freizeitgeräte.

Die Hersteller hatten nun das Problem, der enorm gestiegenen Nachfrage wegen passende Motoren zu beschaffen. Motorenhersteller in den USA wie Kohler konnten den Bedarf nicht mehr decken. Also wurden nun weitere 2-Takt-Motoren in Japan und in Deutschland/Österreich eingekauft. Hier hauptsächlich bei Rotax, ILO, Hirth und natürlich Sachs. In diesen Jahren wurden Schneemobile mit bis zu sechs Motorenvarianten/-herstellern angeboten. Da lediglich die Motorenhalterungen den einzelnen Motoren angepasst werden mussten, war das von den Herstellern relativ leicht zu bewältigen. Sachs konnte neben Zweitaktmotoren bald auch den KM 914 Wankelmotor anbieten. Und der wurde sehr schnell zu einem großen Hit!

Der KM 914 mit 303 cc KV und ca. 18-20 PS war wie für den Einsatz in einem Schneemobil gemacht. Er war leistungsstark, kompakt (um ihn unter einer niedrigen Motorhaube unterzubringen), drehfreudig, zuverlässig und natürlich ohne Vibrationen. Allein Arctic Cat konnte in den Jahren 1968-1972 ca. 30.000 Schlitten mit dem KM 914 verkaufen.

1968 wurde auch mit einem gekoppelten KM 914 als Antriebseinheit experimentiert. Der Motor hatte ca. 30 PS, war aber einfach zu schwer geworden. Nur wenige Motoren dieses Typs wurden in die USA exportiert, bis zum heutigen Tag ist keiner davon wieder aufgetaucht.

1972 kam dann der Nachfolger des KM 914 auf den Markt, der KM 24 mit 295 cc KV. Dieser Motor diente übrigens als Basis für den KC 24 Motor der 1973 vorgestellten W 2000 Vorserienmaschine. Die beiden Motore sind praktisch identisch, lediglich die Motorhalterung wurde abgeändert. Der Motor hatte nun 24 PS und war auch leichter als der Vorgänger. Schlitten, die mit diesem neuen Motor ausgerüstet waren, wurden bis 1975 bei Arctic Cat wieder in relativ großen Stückzahlen verkauft.

Aber bereits ab 1973 waren die Verkaufszahlen für Schlitten mit dem Sachs Wankel Motor rückläufig, 1976 kam dann das endgültige Aus. Der Boom auf Schneemobile begann 1973 spürbar nachzulassen, und die Hersteller bemühten sich, die Kosten zu senken. Insbesondere wollte man nun nur noch einen Motorenlieferanten im Programm haben. Das man sich dabei für Kawasaki oder Suzuki entschloss, hatte mehrere Gründe. Die Entwicklung der 2-Takt Motoren war nicht stehen geblieben, der Wankel war leistungsmäßig deutlich unterlegen. Außerdem waren die japanischen Motoren ca. 20 % billiger. Die Händler mochten die Wankel-Technik nicht besonders, war sie doch so anders als die simplen 2-Takter. Am schwersten wiegt wohl das abnehmende Interesse der Käufer am Wankelmotor. Der Wankelmotor war einfach zu schwach verglichen mit einem japanischen 2-Takt Motor, das empfohlene Spezialöl war nicht überall in den Schneewüsten Nordamerikas zu bekommen, außerdem musste es nun im Verhältnis 1:25 statt 1:50 wie bei den modernen 2-Taktern gemischt werden.

Ein ganz wichtiges Verkaufsargument in Nordamerika waren Rennsporterfolge. Während praktisch jeder Zweitakter getunt werden konnte, auch oft mit entsprechenden Kits der Motorenhersteller, war beim Wankel bei 24 PS Schluss. Moderne 250er Zweizylinder konnten bis zu 70 PS leisten. Kein Wunder, das die Wankel sehr schnell aus der Rennszene verschwanden. Das ist zumindest aus heutiger Sicht nicht zu verstehen. Hatte doch Sachs bereits 1971 einen Zweischeiben Wankel, wassergekühlt, mit ca. 70 PS als Prototypen gebaut. Auch die Langstreckenrennmaschine von Volker Briel holte aus einer Scheibe mehr als 50 PS. Dabei hätte man nur die wassergekühlte Trochoide mit dem zweiten Vergaser benötigt, um die Leistung eines KM 24 zu verdoppeln! Insofern hat auch Sachs selbst durch Untätigkeit im Sport das Aussterben des Wankels zumindest beschleunigt.

Neben Sachs baute übrigens auch die amerikanische Firma OMC Wankelmotoren, die in Evinrude Schlitten verbaut wurden. Diese Motoren hatten über 500 cc KV und 35 bzw. 45 PS. Eigentlich gute Werte, aber die Motoren waren nicht sehr zuverlässig. Viele dieser Motoren hauchten ihr Leben abrupt aus, weil sich die Drosselklappe des Vergasers löste und direkt in die Trochoide fiel...

1976 kam das endgültig Aus für die Wankelmotoren. Es gibt keine genauen Zahlen, wie viele Sachs Wankel Motoren insgesamt bei allen Herstellern von Schneemobilen verbaut wurden, es könnten bis 100.000 Stück gewesen sein. Geblieben sind vielleicht noch 1000 Schlitten mit Sachs Wankelmotor in Nordamerika. Dort hat sich mittlerweile auch eine Oldtimerszene gebildet, die wie wir die alten Fahrzeuge hegen und pflegen. Und sogar damit wieder Rennen fahren.


Zukunft:
Heutige Motorschlitten haben 2 oder 3 Zylinder 2-Taktmotoren mit ca. 80 PS. Es gibt auch 150 PS Geschosse, die bis zu 200 km/h schnell sind. In den nächsten Jahren werden die Hersteller zu 4-Takt Motoren wechseln müssen, der verschärften Emissionsgesetze wegen. Das wird die Schlitten nicht leichter und wendiger machen. Theoretisch wäre das wieder die Stunde des Wankelmotors. Ein leichter "Mid-West" Motor mit 50-60 PS wäre mit Sicherheit erste Wahl für ein Schneemobil. Viele Fahrer würden gern auf etwas Leistung verzichten, wenn die Schlitten dadurch leichter zu fahren wären. Aber das wird wohl ein Traum bleiben, allein der Preise wegen, die "Mid-West" aufruft.

Technik:
Seit Ende der 60er Jahre hat sich in der Technik der Motorschlitten nicht viel getan. Direkt auf der Motorausgangswelle ist eine Fliehkraftkupplung montiert, ähnlich wie bei einem Mofa. Über eine gekapselte Kette wird die Kraft nach unten auf eine Welle übertragen, auf der eine mit Eisenprofilen versehene Gummimatte läuft. Als Steuerung dienen zwei Skier. Der Schlitten läuft bei geringer Schneetiefe stur geradeaus und hat den Wendekreis eines Lkws. Der Schlitten baut nicht sonderlich breit und kann, wenn man nicht aufpasst, leicht umkippen.

Zugegebenermaßen ist der Einsatz eines Schneemobils in der Norddeutschen Tiefebene nicht sonderlich sinnvoll. Die Zeit, in der der Schnee höher als 10 cm liegt, wird nicht in Tagen sondern in Stunden bemessen. Aber es macht einfach riesig Spaß, mit so einem Gefährt über die Wiesen zu fahren.

Fahrzeuge:
Wer Interesse an dem Erwerb eines Wankelschlittens haben sollte, wird heute noch in Nordamerika fündig werden. Wenn Wankel-Schlitten angeboten werden, dann mit dem KM 914 Motor. Schlitten mit dem KM 24 oder OMC sind sehr selten. Es sind mit Kosten von 1250€ bis 2000 € zur rechnen, abhängig vom Zustand des Schlittens, Transportkosten und Verzollung. Weitere Infos bei mir.

An dieser Stelle noch ein besonderer Dank an Glen Mallory aus den USA (Arctic Cat Wankel Fan) für die vielen Infos.
Hans-Heinrich Duensing, E-Mail: , Tel.: 05026/1644.

Wankel Motorschlitten

Arctic Cat Cheetah, Bj. 1973, mit Sachs KM 24 Wankelmotor von H. H. Duensing

Wankel Motorschlitten

Arctic Cat mit Sachs KM 914 Wankelmotor von E. Weckeck

© 2002 Texte: Hans-Heinrich Duensing - Bilder: Hans-Heinrich Duensing und E. Weckeck
Letzte Aktualisierung: 21.08.2004 - © Hercules Wankel IG (Webmaster)