Ein Novum stand dieses Mal bevor: Nie zuvor hatte es ein Jahrestreffen der IG im benachbarten Ausland gegeben! Wir waren alle sehr gespannt darauf, was uns dort erwarten würde - und wurden sehr angenehm überrascht!
Zuerst stand aber mal die Anreise auf dem Programm: Während es für einige unserer Freunde aus dem Badischen und Württemberg oder dem Frankfurter Raum fast ein "Heimspiel" werden sollte, standen meiner W 2000 und mir rund 300 km Anreiseweg bevor. Diese Reise sollte gleichzeitig für mich ein weiteres Novum werden: Meine frisch restaurierte Umbau-W 2000 mit Vorserienherkunft sollte dabei ihr Debüt geben.
So schraubte ich bereits seit Ende März in Abend- und Nachtschichten fleißig die seit über 10 Jahren in Kartons gelagerte, völlig zerlegte Maschine zusammen, wobei eine umfangreiche Motorrevision hinzu kam, was viele unerwartete Herausforderungen stellte. Anfang Mai schaffte ich es dann, diese schwarzgelbe Vorserien-Hercules wieder in Betrieb zu nehmen, wobei die TÜV-Hürde zur Wiedererlangung der Betriebserlaubnis (Stilllegung war im Juli 1976!) lediglich eine Art "Anstandsbesuch" darstellte.
Die ersten Testfahrten in den Maiwochen verliefen mit dem neu restaurierten Motor sehr erfolgreich, allerdings setzte dann bei der finalen Testfahrt vor der Tour nach Lobsann manchmal kurzzeitig die Zündanlage aus, was zu heftigen Fehlzündungen und negativen Auswirkungen auf Welle und Antriebsstrang führt. Aus Zeitmangel sah ich keine Möglichkeit mehr, hier kurzfristig nachzubessern und ohne intakte Zündanlage war das Ausfall-Risiko zu hoch. Da außerdem für die kommenden Tage Regenwetter angekündigt worden war, entschied ich mich dann quasi in letzter Sekunde, doch mit meiner anderen (roten) W 2000 nach Lobsann zu fahren. Diese Maschine, die seit der Winterpause erst wenige Kilometer bewegt worden war, befand sich in gutem Gesamtzustand und war vollgetankt. Ich verzichtete auf die sonst üblichen Kontrollen und ging damit gegen Donnerstagmittag einfach auf die Tour zum Treffen! Meine Frau begleitete mich mit dem PKW - für mich nahezu ideale Bedingungen, da der aufwendige Gepäcktransport auf dem Motorrad entfiel und man völlig entspannt fahren kann.
Am frühen Donnerstagabend kamen wir rechtzeitig zur Grillparty im Garten von Monika und Harald Fuchs, unseren Treffen-Veranstaltern, in Lobsann an. Vorher hatten wir noch unsere schöne Pensions-Unterkunft im wenige Kilometer entfernten Memmelshoffen bezogen.
Das eigentliche Veranstaltungsgelände befand sich auf dem Gemeindeplatz von Lobsann, dem ein Bürgerhaus mit Küchentrakt und sanitären Anlagen angegliedert ist. Auf dem Festplatz hatte die örtliche Feuerwehr ihr Festzelt frisch aufgebaut, was wir mitnutzen durften, da deren Feuerwehrfest erst ein Wochenende später geplant war. In dem großen Zelt konnte man die Motorräder sehr schön ausstellen und hier waren sie auch nachts vor Diebstälen weitgehend sicher.
Am Freitagmorgen nach Ankunft der ersten Teilnehmer.
Am Freitagmorgen fand auf dem Gelände das Frühstück für unsere Teilnehmer statt, wobei eine Vielzahl von Tagesbesuchern in den kommenden Stunden hinzu stieß. Nachmittags erfolgte eine kleine Ausfahrt zur nahe gelegenen Maginot-Linie. Diese historische Verteidigungslinie ist ein riesiges Bunkersystem mit fest installierten, versenkbaren Geschütztürmen, welches sich über rund 700 km entlang der französischen Ostgrenze erstreckt und von 1928-1934 mit einem exorbitant hohen Kostenaufwand errichtet wurde. Solche Festungen konnten bis zu drei Monate autark ohne Versorgung von der Außenwelt bleiben, wobei die Besatzung aus rund 570 Soldaten bestand!
Seiner zugedachten Aufgabe, den Feind aus dem Osten (hier: die Deutsche Wehrmacht) aufzuhalten, wurde dieses Verteidigungssystem aber nie gerecht. Es kam im Verlauf der Kampfhandlungen zu Beginn des 2. Weltkriegs daher zu keiner größeren strategischen Bedeutung dieser Anlagen, denn die gewandelte Technologie der Kriegführung hatte solche ortsgebundenen Festungsbauten genauso überholt wie die großen Schlachtschiffe beim Krieg auf See.
Rund zwei Stunden lang hatte unsere Gruppe Gelegenheit, an Führungen in zwei Festungsanlagen teilzunehmen (je eine Führung erfolgte in deutscher und englischer Sprache). Gegen Abend wurde am Veranstaltungsgelände für uns ein Buffet mit regionalen Spezialitäten präsentiert - wahre Leckerbissen für jeden Gaumenfreund!
Norton Rotary und MG verstehen sich als Insulaner prächtig ...
Am Samstagmorgen stand eine größere Ausfahrt über rund 120 km auf dem Programm. Geplant war ein Besuch des großen Schiffshebewerks bei Arzwiller in den Vogesen. Hier wird im Verlauf des Rhein-Marne-Kanals ein großer Höhenunterschied mit einer mehrstufigen Schleusenanlage überwunden.
Die Fahrt dorthin erfolgte überwiegend auf wenig befahrenen Nebenstraßen mit vielen schmucken, gepflegten Dörfern. Im Nordelsass findet man vielerorts noch prächtige Fachwerkbauten in den Ortskernen.
Nach knapp der halben Fahrtstrecke trat bei unserem Wankelfreund Klaus leider ein Reifenschaden am Hinterrad seiner W 2000 auf. Den Reifen hatte Klaus kurz vor der Fahrt zum Treffen neu aufziehen lassen und der eingebaute neue Schlauch fernöstlicher Fertigung war leider an einer Stelle porös, so dass sich die Reifenluft schleichend verflüchtigt hatte. Eine Unterwegs-Reparatur schien mangels Werkzeug und Ersatzschlauch leider unmöglich. Ein hilfsbereiter IG-Kamerad aus Heilbronn eilte aber flugs mit seinem VW-Bulli herbei, so dass wir das defekte Motorrad "onboard" wieder zu unserem Treffen-Gelände zurück bringen konnten.
Wir lernten nun außerdem, dass in Frankreich das schier Unmögliche möglich ist:
Monika Fuchs fuhr mit Klaus am späten Samstagnachmittag zum ortsansässigen Mopedhändler, der bewundernswerter Weise einen passenden neuen Schlauch vom namhaften französischen Hersteller im Regal liegen hatte! Vermutlich hätten wir selbst in einer deutschen Großstadt zu dieser fortgeschrittenen Uhrzeit am Wochenende keinen Schlauch mehr auftreiben können! Schlauch flugs montiert - alles wird gut! Der Onboard-Kleinkompressor eines Mazda RX8 tat hier gute Dienste!
Auch unsere Wankelfreunde von der großen Insel trafen am Freitag ein.
Samstagmittag füllte sich der Platz spürbar.
Auf dem Parkplatz neben dem Festzelt brannte nachmittags die Sonne heftig herunter!
W 2000 Galerie im Zelt: links Freitagabend - rechts Samstagmittag
Samstagabend stand nach einer hervorragenden Verköstigung durch einen mobilen Flammkuchen-Service unsere jährliche Preisverleihung in geselliger Runde an, z. B. für die weiteste Anreise (aus Groß-Britannien) und an den größten Pechvogel.
Sonntagmorgen fanden noch viele Wankelgespräche in geselliger Runde statt, bevor man gegen Mittag allmählich den Heinweg antrat. Die Heimreise war übrigens für mich durch ein paar kleine Regenschauer im Pfälzer Wald mit geprägt - genauso wie die Hintour. Aber diese vier erlebnisreichen Tage haben wieder sehr viel Spaß gemacht und wir konnten uns von der großen Gastfreundschaft und der hervorragenden Küche der Elsässer überzeugen. Es wird nicht die letzte Reise in diese Region für uns gewesen sein!
Unsere Pension "s Kämmerle" in Memmelshoffen
Unserer besonderer Dank gilt unseren beiden IG-Mitgliedern Monika und Harald Fuchs, die dieses schöne Jahrestreffen für uns organisiert und betreut haben - eine umfangreiche Aufgabe, die viel Engagement und Zeit erfordert hat! Wir haben uns sehr darüber gefreut und werden die Gastfreundschaft im Elsass in guter Erinnerung behalten! Vielleicht kann ja in den nächsten Jahren wieder ein Treffen bei Euch stattfinden!
Für 2015 ist hingegen ein Wankel-Jahrestreffen im Westerwald vorgesehen. Damit wird die Anreise für Teilnehmer aus dem Norden und Süden in etwa gleichweit ausfallen! Bereits 2005 hatten wir im Westerwald unser Jahrestreffen organisiert und nach 10 Jahren ist eine Wiederholung angesagt! Ort und Zeitpunkt des Treffens 2015 werden demnächst noch bekannt gegeben.
© 2014 Wolfgang Dingeldein - Hercules Wankel IG - letzte Aktualisierung am 08.06.2014
