Wankelrenner von Hans-Heinrich Duensing

Es war im April 1975, als auf einer Rennstrecke erstmalig ein Wankelmotorrad den Rest des Feldes einnebelte. Auf Anhieb fuhren die Fahrer Briel und Wittor in Zandvoort (NL) auf den 21. Platz (von 48) - in der 1000-cm³-Klasse! Wären sie damals in der 350ccm-Klasse gewertet worden, hätten sie glatt den Pokal mitgenommen.

Einen Monat später röhrte diese Wankel in den legendären Kurven von Le Mans - wieder in der 1000-cm³-Klasse und erlangte den 18.Platz (von 65). Auch in den nachfolgenden Rennen in Barcelona, in Mettet (B), am Nürburgring und bei diversen Zuverlässigkeitsfahrten konnte die hellblaue Maschine mit der weißen Verkleidung, die am Schluss knapp 50 PS leistete, gute Plätze besetzen. Viermal gab es gar Gold.
Bereits Ende 1976 wurde es dann wieder still. Die Konstrukteure der Maschine wollten neue Konzepte in die Maschine einbringen, doch dafür war es bereits zu spät, denn wer hatte zu dieser Zeit noch Interesse an Weiterentwicklungen? Die Verkaufszeit der revolutionären W 2000 neigte sich nämlich bereits dem Ende zu, und eine Nachfolgerin war nicht geplant. So kam es, dass die Rennwankel bereits ein Jahr nach ihrem erfolgreichem Debüt nicht mehr eingesetzt wurde.
Zwischen weichen Semislicks durfte fortan wieder gezwei- und geviertaktet werden. Dann mischte irgendwann eine Norton die Rennfelder auf. Auch nicht lange, aber unüberhörbar. Danach war es wieder still.

Die Stille hat ein Ende. 2002, ganze 26 Jahre nach dem letzten Auftritt einer Sachs-Wankel, röhrt nun wieder ein Kreiskolben getriebenes Motorrad auf den Rennstrecken Mitteleuropas! Kein anderer als Hans-Heinrich Duensing ist ihr Erbauer, und was dabei herausgekommen ist, kann sich nicht nur sehen, sondern auch hören lassen.

Rennwankel von Hans-Heinrich Duensing  bei ersten Tests 2002

Die Aufmachung der Maschine ist stark an der legendären Sachs/PS-Maschine angelehnt, deren Ausführung rundum gelungen - feine Arbeit, Hans-Heinrich! Man könnte meinen, das Original vor sich zu haben; einzig die Motorinnereien entsprechen, sieht man mal von der verkürzten Lichtmaschinen/Lüfterpartie ab, weitgehend der W2000-Serie. Sehr weitgehend - wurden doch überwiegend Teile verwendet, welche bereits ausreichend metallischen Kontakt mit ihren Mitläufern hatten (Unkundige nennen das "verschlissen"); diese dürften somit für unnachgiebigen Renneinsatz hinreichend gewappnet sein.


Nun ist es ja nicht so, dass man einfach auf Rennen geht und gute Plätze einfährt. Das Lästige an solchen Rennen ist nämlich, dass die anderen so anstandslos sind und auch gute Plätze einfahren wollen, was das eigene Vorhaben durchaus erschweren kann, zumal die anderen meist über mehr Erfahrung und darüber hinaus auch über mehr Leistung verfügen.
Ist es unter diesen Umständen überhaupt möglich, ernstzunehmende Platzierungen anzustreben oder sollte man besser bereits beim Heben der Startflagge einen Motorschaden vortäuschen?

Nein, sollte man nicht! Wenn schon verlieren, dann ehrenhaft mit geölten Stiefeln, an denen Teile der Sohle fehlen. So soll es sein und nicht anders!

Das erste Rennen mit Wertung, wie die Nachfolgenden ein Gleichmäßigkeitslauf des VfV, sollte am Nürburgring stattfinden. Wieder wurde die 294ccm-Maschine unpassend einklassifiziert, nämlich in die Gruppe der 750er-2-Zyl/500er-Mehrzylinder. Ob das mal gut geht?
Start! Und was geschieht? Mann, nicht zu fassen, wozu die Rennwankel imstande ist! Hans-Heinrich Duensing beröhrt die Eifel in seitenprofilverschleissender Manier und verschafft den mitunter doppelt so starken Konkurrenten eine entsetzliche Klarheit, dass hin- und hergehende Pleuel eine ziemlich alte Erfindung sind. Bereits im ersten Lauf belegt er unerwartet den 8.Platz (von 18) -eine wahrhaft tolle Leistung ! Doch damit nicht genug: Im zweiten Lauf schiebt sich Hans-Heinrich auf einen traumhaften zweiten Platz (von 17), ein furioses Ergebnis und darüber hinaus bei konkurrierenden Ducati-, Honda-, Triton-, Yamaha- und BMW-FahrerInnen die Ursache massenhafter Kinnladenabstürze.

Das Ergebnis ist um so verwunderlicher, wenn man bedenkt, dass Hans-Heinrich und die Rennwankel das allererste Jahr am Start sind - und wer Ahnung hat von Rennen, der weiß, dass das erste Jahr normalerweise die Zeit des bitteren Lehrgeldes ist. Das zweite Jahr ist dann das Jahr des Ankommens, allenfalls das dritte ist das Jahr des Mitschwimmens.

Wie ging die Saison nun weiter? Das zweite Rennen sollte auf dem satten Rundkurs bei Schleiz ausgetragen werden, im Juli, welcher bekanntlich reichlich mit Sonne um sich "schmiss". Temperaturen, die bereits Stachelbeerbein zeigende Zuschauer zum Schweißperlenwettrennen veranlassten, führten bei Lederkombi tragenden FahrerInnen schnell zu guzziroten Gesichtern. Die Hitze setzte freilich auch den Maschinen zu. Ein glattes Viertel der Motorräder erreichte das Ziel nicht. Die (kühlerfreie) Wankel hielt tapfer durch, 14. Platz (von 29)!

Rennwankel von Hans-Heinrich Duensing  bei ersten Tests 2002
Hans-Heinrich hatte wieder mal keine Straßenkarte dabei. Gut, dass Reiner Bescheid wusste!


Das dritte und letzte (gewertete) Rennen dieses Jahres fand in Hockenheim statt. Seit diesem Rennen darf Hans-Heinrich Duensing in einem Atemzug mit Häkkinen, Frentzen, Montoya und Coulthardt genannt werden. Warum das? -Am Start macht es *bupp* und aus ist der Motor! Eine ziemlich heiße Angelegenheit, denn der Anlasser, der auf den Namen Reiner hört, ist zu diesem Zeitpunkt bereits demontiert. Da heißt es erstens: Fluchen, zweitens: Schieben und drittens: Die ganze Meute vor sich herjagen. Im Trubel kann man dann schon mal vergessen, dass man vor einer Kurve bremsen sollte. Macht nichts, dann fährt man eben geradeaus weiter. Es reicht aber dennoch für einen 16. Platz (von 22).

Rennwankel von Hans-Heinrich Duensing  bei ersten Tests 2002
Hans-Heinrichs Entscheidung, den Anlasser nach dem Start abzukoppeln,
reduzierte das Gewicht der Maschine deutlich!

Das war das Rennjahr 2002. Wer hätte mit solch guten Platzierungen gerechnet? Verständlich, dass da die Freude groß war, wenn auch Hans-Heinrich sich nach jedem Lauf mehr Leistung wünschte - ein verbreitetes und nachvollziehbares Schnellfahrersyndrom!

Deprimierend war jedoch die Lage für die Servicecrew. Während konkurrierende Schüttelhuberschrauber nächtens in Hauruckaktionen Kurbel-, Nocken- und sonstige unnötige Wellen wechselten, überlegte sich das Wankelserviceteam, wo man wohl für den nächsten Tag Sonnencreme und Lesematerial auftreiben könnte. Dass letztlich lediglich eine Verkleidungshalterungsstrebe sowie ein Zündstromschalter instandgesetzt werden mussten, spricht zwar für die handwerklichen Fertigkeiten des Erbauers, ist aber gänzlich untauglich beim Verfassen hämischer Artikel für unsere IG-Prawda. Da sollte 2003 noch nachgebessert werden, Herr Duensing!


© 2002-2004 Hercules Wankel IG - letzte Aktualisierung am 28.02.2005
Diese Rennauswahl 2002 wurde zusammengefasst von Ralph Schelle ©